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Ihr Fachanwalt für IT-Recht

E-Mail-Marketing als Instrument der Kaltakquise – nicht nur rechtlich keine gute Idee

Sie senden werbliche E-Mails oder erhalten solche - im schlimmsten Fall ohne (Ihre) Einwilligung? Der folgende Blogbeitrag gibt einen Überblick, was man beachten muss und wie man sich als betroffener Empfänger gegen SPAM-E-Mails wehrt.

Spam

Als Spam oder Junk ​(englisch für Müll) werden unerwünschte, in der Regel auf elektronischem Weg übertragene massenhafte Nachrichten (Informationen) bezeichnet, die dem Empfänger unverlangt zugestellt werden, ihn oft belästigen und auch häufig werbenden Inhalt enthalten. Dieser Vorgang wird Spamming oder Spammen genannt, der Verursacher Spammer – so lautet der Eintrag bei Wikipedia.

 

Juristisch handelt es sich bei Spam, der an Unternehmen und Unternehmer gesendet wird, in der Regel um einen „Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“. Das ist ein sog. sonstiges Recht (i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB), ähnlich wie Eigentum oder Gesundheit. Wenn dieses Recht widerrechtlich verletzt wird, hat der Verletzte (=Spam-Empfänger) unter anderem den Anspruch, dass dieses Verhalten zukünftig unterlassen wird. Widerrechtlich ist das Verhalten, wenn die E-Mail werblichen Charakter hat und keine Einwilligung des Empfängers für eine solche werbliche Ansprache vorliegt sowie auch kein Ausnahmefall i.S.v. § 7 Abs. 3 UWG (= Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) gegeben ist. Diesen Unterlassungsanspruch setzt man durch eine Abmahnung durch, und fordert den Verletzer auf, es zukünftig zu unterlassen, dass widerrechtliche Verhalten – bei E-Mail-Spam: Versenden von werblichen E-Mails ohne Einwilligung oder dem Vorliegen eines Ausnahmetatbestand i.S.v. § 7 Abs. 3 UWG – zu wiederholen, wobei die infolge des bereits erfolgten „Eingriffs“ bestehende Wiederholungsgefahr nur durch ein Vertragsstrafeversprechen ausgeräumt werden kann. D.h., es muss vom Verletzer eine ausreichend strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden (die vom Verletzten angenommen werden muss). Rechtlich handelt es sich um einen Vertrag, sodass beide Seiten zustimmen müssen.

 

Was ist Werbung?

Eine gesetzlich eindeutige Definition gibt es nicht. Wenn man aber die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs zu dem Thema auswertet, nähert man sich. Der Begriff der Werbung umfasse „nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – beispielsweise in Form der Imagewerbung – erfasst.“ (BGH, Urteil vom 10.7.2018 – VI ZR 225/17). Werbung sei „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.“ (BGH, a.a.O.). Neben dieser klassischen Angebotswerbung können auch „Nachfragehandlungen“ erfasst sein: „Für das Schutzbedürfnis des Inhabers eines E-Mail-Kontos stellt es keinen Unterschied dar, ob er unaufgefordert Kaufangebote für Waren oder Dienstleistungen erhält oder ihm Anfragen zugehen, in denen beispielsweise Immobilien, Gebrauchtwagen oder Antiquitäten nachgefragt werden“. (BGH, Urteil vom 17.7.2008 - I ZR 197/05).

 

§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG regelt, dass eine werbliche Ansprache per E-Mail („elektronische Post“) eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten erfordert. Die Anforderungen an eine Einwilligung richten sich nach den Anforderungen der DS-GVO, unabhängig davon, ob es sich konkret um eine Verarbeitung personenbezogener Daten handelt. Das kommt daher, dass die gesetzliche Grundlage für die Regelung des § 7 UWG aus einer EU-Richtlinie (der sog. ePrivacy-RL) stammt, die immer noch Bestand hat (eigentlich hätte sie durch die sog. e-PrivacyVO ersetzt werden sollen, die zeitgleich mit der DS-GVO hätte kommen sollen). Der Verweis auf die durch die DSGVO abgelöste „alte“ Richtlinie zum Datenschutz führt dazu, dass nun an die Anforderungen der DS-GVO an eine Einwilligung einzuhalten sind (wer es nachlesen will: Art. 95 Verordnung (EU) 2016/679 [DS-GVO] i. V. m. Art. 13 Richtlinie 2002/58/EG [ePrivacy-RL]). Diese ergeben sich unter anderem aus Art. 4 Nr. 11, Art. 7, 8 DSGVO, sodass die Einwilligung z.B. freiwillig sein muss, für einen bestimmten Fall abgegeben wurde und in informierter Weise erfolgt sein muss. Die Beweislast für das Vorliegen einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Einwilligung trifft den Versender (bzw. den für die Versendung Verantwortlichen), der sich auf die Legitimationswirkung der Einwilligung beruft.

Statt einer Einwilligung kann in bestimmten Konstellationen auch eine Ausnahme greifen: § 7 Abs. 3 UWG. Hier müssen mehrere Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein („kumulativ):

  • ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
    • z.B. im Rahmen eines Kaufs in einem Online-Shop wurde die E-Mail-Adresse übermittelt
  • der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
    • eigene ähnliche Waren oder Dienstleistung ist ein enger Begriff; es kann nicht für alles geworben werden, sondern nur solche Angebote, die thematisch sehr nah am Ursprungskauf liegt. Dieser Punkt ist nicht ganz einfach zu bewerten.
  • der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
    • sobald ein Widerspruch vorliegt, scheidet die Ausnahme aus
  • der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
    • Es muss bei Erhebung (= bezeichnet den Vorgang, bisherige Unkenntnis von einem Datum gezielt in Kenntnis zu überführen; konkretes Beispiel: erstmalige Erfassung der E-Mail-Adresse via Eingabemaske in einem Onlineshop) und jeder erfolgenden Verwendung der Hinweis erfolgen, dass man der werblichen Verwendung widersprechen kann

Nur wenn diese vier Voraussetzungen alle gemeinsam vorliegen, wird keine Einwilligung benötigt. Erfahrungsgemäß sind die wenigsten Versender, die sich auf eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 UWG berufen, in der Lage, den Nachweis des Vorliegens aller vier Voraussetzungen nachzuweisen. Fun fact: meistens können auch die Versender, die sich auf eine Einwilligung berufen, keine (meistens) oder keine wirksame (seltener) Einwilligung nachweisen. Das betrifft auch gerade solche Konstellationen, wo (angeblich oder tatsächlich) Informationen – hier: E-Mail-Adresse mit Einwilligung – von sog. Adresshändlern erworben wurden.

 

Was ist zu tun?

Wenn Sie von E-Mail-Spam betroffen sind, gehen Sie gegen die Versender bzw. diejenigen, in deren Namen die Versendung erfolgt vor und verlangen Sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Lassen Sie sich nicht auf eine bestimmte E-Mail-Adresse beschränken (z.B info@xy-gmbh.de); selbst der Versuch der Beschränkung auf die Domain (in unserem Beispiel: @xy-gmbh.de) müssen Sie nicht hinnehmen. Denn der Werbende muss für JEDE der von ihm zur Werbung genutzten E-Mail-Adresse eines Adressaten dessen Einwilligung haben (und nachweisen können) oder sich auf § 7 Abs. 3 UWG berufen können. Es ist also seine Aufgabe, zu wissen, an welche Adresse er zulässigerweise Werbung senden kann. Sie müssen dem Spammer nicht alle Ihre E-Mail-Adressen zur Verfügung stellen - er muss stattdessen wissen, wen er aktiv anschreiben darf.

 

Und wenn Sie Werbetreibender sind, beachten Sie die Vorgaben. Sonst drohen kostenpflichte Abmahnungen. Der Streitwert ist für E-Mail-Werbung nicht gesetzlich festgelegt. Es hat sich aber eine – vom BGH „akzeptierte“ und den meisten Gerichten angewendete – Praxis etabliert, den Streitwert auf 3.000,00 bis 6.000,00 EUR (in der Regel pro E-Mail, mit abflachendem Wert pro weiterer E-Mail) zu taxieren. Hier kommen außergerichtlich schnell Kosten von über 300 EUR und mehr je E-Mail bzw. Abmahnung zusammen. Wenn nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung trotzdem nochmal widerrechtlich eine E-Mail an den Adressaten (und „Gläubiger“ des Unterlassungsversprechens) gesendet wird, folgt sehr wahrscheinlich eine weitere Abmahnung mit Kosten UND die Geltendmachung einer Vertragsstrafe. Üblicherweise ist diese (nach sog. neuen Hamburger Brauch) in das Ermessen des Gläubigers gestellt und wird regelmäßig bei 3.000 EUR auskommen.

 

Wir beraten Unternehmen zum (rechtswirksamen) E-Mail-Marketing, aber auch Empfänger von SPAM, die nicht bereit sind, sich ihr E-Mail-Postfach „zumüllen“ zu lassen. Sprechen Sie uns an bei Bedarf.